Sonntag, 3. Juni 2007

Der Schauspieler

Der Schauspieler

Er war nicht herausragend in seinem Beruf, aber er war durchaus in der Lage seine Familie zu ernähren. Weder die schwierigen Hauptrollen noch die völlig unbeachteten Nebenrollen wurden ihm zugetragen. Der Schauspieler las das neue Drehbuch und dachte zum ersten Mal in seinem Leben über die Rolle nach, die er spielen sollte. Plötzlich schien er der großen Bühne kaum mehr gewachsen zu sein, ja er fühlte sich gar unwohl in Aussicht auf die große Herausforderung, die ihm gestellt wurde; bemerkte er doch ebenso zum ersten Mal in seinem Leben, wie anstrengend doch das Schauspiel war. Als er weiter nachdachte, überkam ihm immer mehr Unsicherheit bis er bemerkte, dass es ihm unmöglich war einen so grundverschiedenen Charakter darzustellen. Aus lauter Verzweiflung und Nervosität das Spiel völlig vergessend, begann er seine Rolle mit seinem Selbst zu verwechseln und mischte die komplette Handlung auf. Er war sich nicht mehr sicher, wie er die ihm aufgetragene Figur des Schauspiels verkörpern konnte, wo er doch gleichzeitig er, der ganz andere, er selbst war. Völlig verwirrt irrte er über die Bühne und hatte all seine Dialoge vergessen, welche er ganz verstört durch seine ersetzte. Während sich große Empörung breit machte auf den Gesichtern der übrigen Schauspieler, die ihn beinahe angewidert ansahen und sich ernsthaft fragten, wie jemand einen solch unglaublichen Hochmut besitzen könne, tobte der Regisseur und schrie mit großen Gesten, niemand habe sein unantastbares Drehbuch zu verändern. Noch am selben Tag nahm er den Kugelschreiber zur Hand und unterschrieb mit immer noch hitzigem Gemüt die Kündigung.

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