tagsüber
Frohe Weihnachten Ostern!
strassenlaterne - 23. März, 11:56
Guten Tag.
Ich gehe so dahin. Sehe mehr Schatten und nur die Einzelheiten. Vielleicht auch die gerade nicht. Wer weiß das schon? Der eine Mann mit den braunen Schnürsenkeln gerade vorübergegangen und schon muss man wieder Acht geben, wegen der Ampel. Die Ampel stand schon immer dort. Heute zeigt sie rot. Alle Ampeln zeigen rot. Und dann schnippen die Steine. Wahrscheinlich ein Auto. Ich weiß es nicht genau. Zickzackprofil. Also doch ein Auto, eines mit Reifen. Es richt nach Fisch. Und dort ist etwas gefallen. Warum habe ich immer noch das Taschentuch in der Tasche? Ich möche mitfahren, aber die sehen alles. Man darf nicht mit, wenn man nur die Hälfte sieht, ich weiß das. Aber es ist schade eben, wenn sie an einem vorbeifahren. Die Ampel hat ja immer noch rot. Vielleicht auch schon wieder, wer weiß das schon?
Guten Tag.
strassenlaterne - 22. März, 15:20
Guten Tag.
Schön. Das Treppenhaus kommt mir wieder etwas weitläufiger vor. Nicht, dass jemand die Tür geöffnet hätte. Gott bewahre, das passiert nur bei Schneeröschen und Rapunzel mit den Zwergen, aber jemand hat das Licht angeschalten. So hat mich meine eigene Determination, die mich zurück in die angezogenen Konventionen presst, wieder dorthin zurückgeholt, was ich gemeinhin als gesunde Wahrnehmung verstehe. Der Grund, weshalb ich diese Scheinfreiheit meines Gehirns, die sich bei näherem Hinsehen als schlichte Leere entpuppt, tatsächlich als Klarheit und Normalität und angenehme Ruhe empfinde, ist erstaunlicherweise kein anderer als die Determination selbst. Im Grunde ist es eine Abstumpfung, der ich nur manchmal entkomme, im Wahnsinn nach dem Ausgang zu streben. Dabei bräuchte ich nur eine der wahrlich vielen Türen einzuschlagen, ich bräuchte nur darauf einzuprügeln, vielleicht nur einen Türgriff drücken und unter gespanntem Quietschen einen Blick durch den Türspalt wagen. Doch dann wäre es geschehen und vermutlich bliebe mir der Gang ins Treppenhaus auf immer verwehrt. Herrje, ich bin zu schwach, um mich aus den eigenen Spiralen zu befreien.
Doch vorerst kann ich mich wieder über gemeine Dinge aufregen. Gemeine Dinge, im Sinne von Dinge, über die man sich nur aufregen kann, wenn man wieder Leere im Hirn hat. Ich rege mich darüber auf, dass der ältere Mann mit den fettigen Haaren, der gerade die U-bahn betrat und ein wohl bereits öfter getragenes Hemd trägt, das den ausladenden gutgenährten Bauch nicht mehr ganz kleiden kann, sich ausgerechnet neben mich setzen muss. Ich rege mich darüber auf, dass ich bereits um halb zwölf mittags aus dem Bett geschmissen werde. Ich rege mich darüber auf, dass irgendwelche &$§!^/**-'*ß=]{ mir meine wohlverdienten Karten wegkaufen. Ich rege mich darüber auf, dass ich wohl tatsächlich keine T- und B-Lymphozyten mit Rezeptoren für die &$§!^/**-'*ß=]{ Erkältungsviren besitze. Und ich rege mich darüber auf, dass ich tatsächlich und unumstößlich kaum noch &$§!^/**-'*ß=]{ Leser meines werten Blogs habe.
&$§!^/**-'*ß=]{ Abend.
strassenlaterne - 17. März, 22:11
Guten Abend.
Wendeltreppen immerzu. Dieses Treppenhaus. Viel zu eng. Und immer nur die Treppen, die Wendeltreppen und immer nur geht es weiter nach unten und immer nur geht es im Kreis, es dreht sich immerzu. Es wird dann beizeiten so nebelig, nur weil die Abwechslung für das Auge fehlt, deshalb zeigt es irre Bilder an, die vor meinen Augen zu tanzen scheinen. Es ist aber doch immer das gleiche Bild. Immerzu, immer nur die Wendeltreppen. Raus würde ich wollen, jetzt. Egal, ob es dort regnet, schneit oder hagelt. Egal, was mich dort erwartet und sei es der Weltuntergang höchstpersönlich. Aber die frische Luft, die wäre es wert. Nur raus aus den monotonen Treppen, die sich winden, nur immerzu und mir keinen Atem lassen. Sie zerschnüren mir nur die Lungen und betten mich ein in ein Wirrwarr aus längst Vergangenem und nie Geschehenem. Die Spiralen und bösen gleichförmigen Linien, die sind es, die mich so rasen machen. Doch ich kann ja nur die Treppe weiter nach unten rasen. Wenn ich doch wenigstens springen könnte. Auch die Schrammen wären mir egal. Und es geht weiter, immerzu, immerzu, immerzu... zu. zu. zu. zu. zu. zu. Ich will raus. raus. raus. raus.
RAUS.
strassenlaterne - 14. März, 22:23
Guten Tag.
Was ich beizeiten wünsche:
Dass ich weiter oben, etwa im 5. Stock in einer Dachwohnung ein Fensterbrett aus Holz besäße mit einem weißen und stabilen Heizkörper darunter und einem dunkelbraun gestrichenen Holzfensterrahmen darüber, von dem der Lack langsam abblättert. Wenn dann die kleinen Regentropfen aus hunderten Metern Höhe genau mein Fenster gefunden hätten, dann würden sie ganz gleichmäßig, ganz so, als wäre alles genau richtig, so wie es ist, wirklich alles, auf die Scheibe klopfen und mich auf meinem Fensterbrett begrüßen. Die Tafel Schoklode in der Hand würde ich zum 143. Mal den Steppenwolf lesen und der Musik in meinem Kopf lauschen und in meinen Gedanken um die Antennen auf den Dächern hinter der Scheibe tanzen. Dann würde das Telefon läuten und ich würde den grünen Hörer in die Hand nehmen und den Anruf entegennehmen. "Guten Tag, wenn Sie an unserem Gewinnspiel interes.." Einen richtigen Anruf. Einen Anruf, der es wert wäre mich von den Antennen, der Schokolade, der Musik und dem Hesse loszureißen, der mich in einen viel schönren Traum noch versetzte.
So. Und? Kein Anruf, keine Fensterbank, keine Schokolade. Dafür: 30 Seiten Literaturgeschichte und mindestens doppelt so viele Seiten Biologie. Aber irgendwann...
Herzliche Stunden.
strassenlaterne - 1. März, 12:48
Guten Tag.
Ganz schön vernachlässigt hier. Das waren noch Zeiten, als bezeiten die Zeiten noch Zeiten waren, zu denen man Zeit hatte, Zeit zu haben. Aber den Schlüssel habe ich noch.
Was mich im Übrigen beizeiten wahnsinnig macht, ist:
Diese Menschen, die eine viel zu recht lange Weile nicht davon ablassen, schräg hinter einem zu gehen, in der gleichen Geschwindigkeit wie man selbst ihre Füße hintereinandersetzen. Wieso können diese nicht überholen oder richtig hinter mir gehen, so, wie es sich gehört, mit einem gesunden Abstand? In einer solch höchst seltsamen Konzeption fühle ich mich stets beengt, denn diese Konzeption legt bei mir den Schalter um, der das Gefühl auslöst, man solle doch bitte selbst schneller oder langsamer gehen oder stehen bleiben. Erwarten die das etwa von mir? Wahrscheinlich ist, dass es die gar nicht stört. Das hieße ja, dass ich verpflichtet sei, etwas zu ändern. Nur würde ich mich nicht gestört fühlen, so wäre ich gar nicht verpflichtet und wäre ich nicht verpflichtet, so würde ich mich nicht verpflichtet fühlen und dann wäre ich gar nicht gestört.
Bescheuerte Welt.
Und diese Menschen, die einfach zu viel sind. Warum kann man die nicht mal untertunneln? Lebend nach der Maxime: Wenn der Kalender oder die Nachrichten es sagen, muss man fröhlich sein, wenn man fröhlich ist, muss man sein affektiertes Grinsen im Gesicht festtackern, Lautstärke und Gestikvolumen nach oben drehen bis zum Anschlag und mit allen Menschen dieser Welt kommunizieren. Diesen Menschen hatte ich eventuell nichts zu sagen, ich wollte nur ein wenig Sonnenschein.
Wirklich seltsame Welt.
Welt. Ganz seltsame Welt. Wirklich.
strassenlaterne - 29. Februar, 14:32
Guten Abend.
Prima, jetzt stehe ich hier oben. Einst da stand ich eben in dem Innenhof. Kennen Sie den? Es ist dieser Innenhof dessen Backsteinfugen gräuliches Moos verschönert, das sich am Ende des roten Pflasters mit den Teerausbesserungen an den Hauswänden emporzieht, dessen weißlicher Putz in ganz unregelmäßigen Abständen der Mauer schon zum Abschied gewunken hat. Es ist dieser Innenhof, zu dem die Fenster tags und nachts mit gelben Vorhängen vor dem nicht vorhandenen Sonnenlicht schützen oder doch vor den Blicken eines Moosbewunderers und auch wenn sich einmal in einer geheimnisvollen und nie recht ernst gemeinten Geste ein Stück Gelb wie zufällig bewegt, um in einer unverschämten Freiheit den Blick in ein Zimmer freizugeben, sah man nur einen verklebten Karton oder einen von diesen orangenen Plastikstühlen wie man sie vor 30 Jahren hatte.
Ich dachte damals die Treppe sähe wohl jeder, der jemals in diesem Innhof verweilte, warum auch nicht? Warum sollte auch nicht jeder hier verweilt haben? Natürlich bestieg ich sie, warum auch nicht? Würde nicht jeder diese Treppe emporsteigen, der sie sieht? Warum sollte auch nicht jeder sie sehen? Auf der 2578. Stufe angekommen konnte ich endlich mein Ziel erblicken, es war ein Plateau und alle Menschen, die es wohl gab, standen darauf. Entzückung breitete sich in den Stufen unter mir aus, die die Härchen auf meinem linken Zeh aufstehen hießen. Wie schön zwang ich mir zu denken, endlich sollte ich das Ziel Gesellschaft erreichen. Ich ging eben weiter, warum auch nicht? Würde nicht jeder weitergehen?
Heute sehe ich es. Das Plateau liegt ein ganzes Stück unter mir. Ich weiß nun, weshalb mir auf meinem Weg selten jemand begegnete, ich war nicht auf dem Weg zum Plateau mit wohl allen Menschen drauf. Die Wenigen hier hielten mich aber für eine optische Täuschung, die sich wohl auf dem Plateau befindet, denn so sehe ich wohl aus. Fatal. Auch wenn ich wieder abwärts gehe, werde ich nie das Plateau erreichen. Fatal. Vielleicht treffe ich bezeiten jemanden, der mich erkennen wird.
"Entschuldigen Sie! Warten Sie doch, ja, Sie! Ich bin keine optische Täuschung, es ist nämlich so, dass ich eben gar ni..."
Oder auch nicht.
Guten Abend.
strassenlaterne - 14. Februar, 23:13
Guten Abend.
"Schaffen wir das?" mit unsicherem Blick.
"Mitten um den See, natürlich." mit bestätigendem Blick.
"Mitten um den See? Ich stürze ab." mit entsetztem Blick.
Wo bleiben die Allegorien und Aphorismen?
Leider aus. Aber dümmliche Gedankenfetzen wären im Angebot.
Gut, dann packen Sie mir etwas davon ein bitte.
Bitte:
Die Tür fällt hinter mir ins Schloss und es schnappt. Natürlich, ein Türöffner im Dienst erfüllt seine Aufgabe und lässt die Türe wieder nach hinten schwengen. Eines der widerlichsten Alltagsgefühle ist es, wenn man in einer abschließenden Manier die Türe zuschlägt und diese in einer du-bist-eine-fehlerhafte-Figur-und-wirst-nie-etwas-beenden Weise wieder aufspringt. Ich lasse die Türe offen, denn das wiederum vollendet die Unvollkommenheit und schlägt die scheinschlaue Tür mit ihren eigenen Waffen - bilde ich mir ein. Auf der Bank sehe ich den roten tanzenden Quadraten und Kreisen zu, die vor meinen Augen fangen spielen, wenn die Sonne auf meine Lider scheint. Wer war es, der sagte, dass wäre nicht gut, schade den Augen? "Wo geht es bitte zum Friedhof?", fragt mich ein schrumpeliges Gesicht, dass zwischen zwei übriggebliebenen Kreisen erscheint. "Ich weiß nicht. Sie haben die Lebensweisheit, ist der Weg zum Friedhof da nicht inklusive?". "Was bildest du dir eigentlich ein?". Während ich mich frage, wie viele Jahrzehnte es noch dauern würde bis Leute erkennen würden, dass ich meinen zwölften Geburtstag bereits gefeiert habe und man auf das "du" im respektlosen Ton endlich verzichten würde, gebe ich die dümmste Idiotensentenz von mir, die mir in diesem Augenblick einfällt und so sei auch Einbildung eine Bildung. Das war nicht klug, denn nun erkenne ich in dem Menschen endlich die Reinkarnation eines Imitators irgendeines berühmten Aufklärers, der mir mit unlogischen Argumenten erklärt, was Wissen von Einbildung unterscheide und wie unwissend damit eingebildete Leute wie ich seien. Ich muss über die Übernahme meiner unlustigen Erkenntnis der Zweideutigkeit des Wortes Einbildung schmunzeln und feststellen, dass mein Egoismus mich dazu auftruft einfach aufzustehen und zu gehen. "He", ruft der Aufklärer noch, "wenigstens eine Allegorie". "Natürlich ist Wissen Einbildung, denn würden wir uns nicht einbilden etwas zu wissen, könnten wir nie wissen, wann und was wir wissen. Alles andere ist ausverkauft.". Wenigstens die Bustüren schließen sicher.
Au revoir. Wie ich doch schwer hoffe.
strassenlaterne - 10. Februar, 23:11
Guten Abend.
Zu aller eben erst spukten die gedanklichen Fäden in meinem Kopf, die sich dann irren und verhängen zu einem Knäuel, das eigentlich luftig leer und dennoch äußerst voluminös alle anderen Gedanken zum Mittagsschläfchen in ihren Kisten zwischen den Mottenkugeln zurückdrängt. Solche Gedanken sind meist unfundiert, aber dafür umso einfacher und schiefer wie ein riesiger Haufen von Notizzetteln, der den Schreibtisch, auf dem eventuell ganz interessante Dinge zu finden wären, vollends bedeckt. Auf diesen Notizzetteln stand Folgendes:
1. Zettel: Ich funktioniere nicht.
2. Zettel: Ich habe keinen Selbstzweck.
3. Zettel: Gib's auf, gib's auf...
Zu aller eben danach war dies nun weg. Aha, es hat wohl jemand den Selbstzweck wiedererrungen. Nach solchen Strapazen, nachdem also Berge und Haufen wie Stapel und Mengen und noch viel mehr Notizzettel im Mülleimer landeten, nach solchen Strapazen ließen sich wieder fundiertere Dinge denken und prompt nahm ein einziger Zettel vor mir seinen Platz ein und auf ihm war nur ein Wort zu sehen und dieses Wort lautete:
Wirsing.
Und ich wusste wieder, was wirklich schön ist.
Statt Keksen möchte ich Ihnen heute gerne eine limitierte Auflage unschöner Kunst präsentieren. Lachen ist gestattet.
Strichmann Nummer 1, seine Freunde und die Laterne persönlich verabschieden sich und wünschen eine Nacht.
strassenlaterne - 4. Februar, 23:50
Guten Abend.
Durch die Evolution hindurch sind alle möglichen Extrema von Menschen entstanden, womöglich nur zum Test, womöglich damit sich jemand darüber amüsieren kann. Tatsächlich war ich wohl damals vor einigen mehreren aber gar nicht so wahnsinnig vielen Jahren das Beobachtungsobjekt für die Studie: "Das Minimum an Produktivität des menschlichen Wesens - faul oder nur antriebslos?" Die Drecksarbeit darf ich wieder erledigen, während andere sich in "reich, schön und glücklich" auslassen dürfen. Aber, ich glaube an die Gerechtigkeit, denn:
Im Grunde haben wir alle dasselbe Glück, wenn man jeden Tag die Glücksskala ablesen, all die Lebenstage aufsummieren und am Ende den Durchschnitt berechnen würde. Das ergäbe dann zum Beispiel immer 10, völlig egal, wie viele Schicksalsschläge, Euphorien, Stillstände, Begabungen, Veranlagungen, Umgebungen, Erbschaften, Krisen, Lebensfreuden, soundso, wie und was, hier und da jemand erlebt hat. Und am Ende müsse man noch berücksichtigen, dasss jeder anders über Glück und Pech empfindet, denn manche sind leidensfähiger, andere glücksunfähiger und wenn man all das berücksichtigt, dann landen wir am Ende alle bei 10.
Sie wurden soeben Zeuge meiner unbeschreiblichen Naivität, die ich mir vor Kurzem oder Langem als Alles-ist-rosig-und-geplant-Monster in mein Regal gestellt habe. Nachts lacht es mich aus, tags wird es von mir ausgelacht und auch das ist mehr als gerecht.
In diesem Sinne, recht so.
strassenlaterne - 3. Februar, 23:36