tagsüber

20 Kilo und Spieluhren.

Guten Sie wissen schon.

Dublin ist eine schöne Stadt. Gerne hätte ich Temple Bar und die Klippen mit nebligem Meer zusammen mit den Backsteinwänden und den schmutzigen großen Schiebefenstern, den bunten Türen, dem Guinnessbier und den über die Kreuzungen kreuzquer schlitternden Doppelbussen importiert, aber ab 20 Kilo gibt es rote heavy-Schilder an den Koffer und die Dinger sehen einfach hässlich aus. Gut und es war etwas teuer, dafür vielleicht, dass wir ein Zehnbettzimmer hatten und zu zwanzigst eine Dusche und ein Klo am Gang und kein Essen und ein nicht verstellbares Fenster, dass keine frische Luft reinließ, dafür aber den Lärm von der Kreuzung und der Polizeizentrale drunter und der Eisenbahnbrücke nebendran, aber es hat sich gelohnt dennoch. Wissen Sie wie freundlich die Menschen dort auch sind? Wissen Sie, wie süchtig ich nach Freundschaft bin? (Wissen Sie, wie bescheuert diese Überleitung gerade war?)

Wissen Sie, wie schön das Gefühl ist, wenn Menschen meine Spieluhr öffnen und sie aufziehen behutsam ob des alten Rostes, nicht um mit fremden unpassenden Zahnrädern dazwischen zu haken und Getöse mit kawusch in das Spielwerk zu schmettern, um meine eigne Melodie zu übertönen - nein, um sich in die Spieluhr zu setzen und sich mit eigenen Instrumenten miteinzufügen, meinen Rost akzeptierend, das Schöne verstärkend, dass die Klänge zu einer Sinfonie anschwellen, die Harmonien sich überschlagen, die Wattebausche und die Aufzuglabyrinthe im Kopf entweichen, sich auflösen und Tanzsäle mit roten Teppichen legen (und dass ich gerade den genauso roten Faden verloren habe), also wenn Sie wüssten, wie schön das ist! Es geht mir gut.

Weilen Sie gut dahin, Leute!

Nur So:

Guten Tag. Ich weiß:

die tobende Menge: Sagen Sie mal, Ihr blog ist technisch kaputt und inhaltlich verwahllost, was soll der Mist?
meine Wenigkeit: Wissen Sie, die Schreibfaulheit, die elende, sie kam zu mir, sie ließ mich nicht los.
die tobende Menge: Und wann läuft der Vertrag mit ihr aus?
meine Wenigkeit: Genau jetzt hat die Schreiblust wieder Schicht, ich habe nicht nachgesehen, wann der nächste Urlaub ist, aber es wird noch dauern.
die tobende Menge: Dann nerven Sie uns schreiben Sie jetzt wieder?
meine Wenigkeit: Nein, denn heute fahre ich nach der Iren Land und deren Hauptstadt allen voran und werde dort verweilen bis zum Ende der Woche.
die tobende Menge: Na toll.
meine Wenigkeit: Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Außer vielleicht: Have a nice week!

Pinwände und Monster.

Guten Abend.

Ich trage ja eine Pinwand. Ich weiß nicht, ob denn jeder so eine Korkwand offenbart, manche verstecken sie ja vielleicht auch zu Hause und andere brauchen so etwas nicht, weil sie die Zettel direkt in ein offenes Gehäuse ablegen, wie ein Briefkasten seine Post verschlingt ohne, dass jemand davon Wind, Briese oder Luftzug bekommt. Ich dagegen erkältete mich gewaltig davon, mit der Zeit wurde es schlimmer und chronisch vor allem. Aber das bedeutet natürlich auch, dass ich es mittlerweile nicht mehr bemerke, denn man kann sich an die dauernde Anwesenheit dieser Viren gewöhnen. Man sieht sie gar nicht mehr, wie sie durch die Atemgänge stolzieren, als wäre es ihr anstrengend erworbenes Heim. Die Erkältung kam von den Zetteln und den Luftzügen, die es in alle Winde verwehten. Böse Dinge standen auf den Zetteln und ich dachte, es wäre etwas unfair, dass ich sie tragen muss, nur weil ich ganz nette Pinnadeln habe, die alles festhalten und einen Kork, der sich zum Anstecken eignet. Ich war gar etwas wütend, wobei die Wut mit ihren Schlägertrupps die Halsgegend nie überwunden hat und damit nur auf die Viren in den Atmungsgängen einprügelte. Aber vor einigen Tagen wurde ich etwas stutzig. Denn wenn Leute, die die sonst Nadeln ziehen gehen an Korkwänden böse Zettel an die eigne Pinwand heften, dann wird man stutzig und mit einem Mal musste ich den hässlichen und durchaus monströsen Fehler, der mir in fieser Manier entgegengrinste, neben meinem Bettkästchen entdecken. Er war etwas beleidigt, dass er gehen musste, wie ich hübschere Zettel bekommen kann, das habe ich noch nicht herausbekommen. Ich suche noch nach des Monsters Frau, irgendwo muss es ja sein hier.

Guten Abend.

Fahrräder und Supermärkte

Guten Abend.

Wenn Sie sich zufälligerweise im Besitz eines vorderarktischen Eisberges oder eines seiner Geschwister bzw. Großneffen wissen, dann schicken Sie mir doch bitte eine kostenlose Probe davon zu, danke.

Erkenntnis Nummer eins kam heute nachmittag während des Einkaufens zusammen mit seinem Ehepartner Erkenntnis Nummer zwei auf mich zu. Beide trugen grüne Hosen, sodass ich sie nicht übersehen konnte.
1. Man sollte nicht mit einem Rock einen Drahtesel reiten, wenn zudem nicht gerade wenige Luftmoleküle von einem Hochdruck in ein nahegelegenes Tiefdruck pilgern und noch zuerdem die Fahrradstrecke durch eine Baustelle führt, in der einige Bauarbeiter mit verschwitztem Unterhemd den ganzen Tag genau darauf gewartet haben.
2. Der Supermarkt, den ich ganz besonders mag erwidert neuerdings meine ungeteilte Liebe, was ich sehr sympathisch finde. Anders kann ich es mir nicht erklären, weshalb sich dort grundsätzlich ältere Damen vor mir an der Kasse befinden, die mich mitleidig anlächelnd jedes mal nach vorne beten, da ich ja gar nicht so viel zu zahlen hätte.

Erkenntnis Nummer drei kam erst gerade eben. Mein Bruder brauchte ein metaphorisches Gedicht über Schule für den Deutschunterricht, was bedeutete, dass ich einen Gefallen produzieren sollte, und sollten wollte ich dann auch. Alle Register habe ich gezogen. Alle sind allerdings wie auch bei der Orgel mindestens zwanzig zu viel. Sonst hätte er mich vermutlich auch nicht angesehen als wäre ich nicht nur nicht ganz dicht, sondern würde jeden Moment das gesamte Zimmer unter Wasser setzten.

Erkenntnisarm, aber wie immer, gehe ich nun von dannen und wünsche eine angenehme Nacht oder ähnliches.

Fingerhüte und Eimer.

Guten Abend.

Damals, als sich mein Kopf insgesamt noch weiter unten befand, als ich mich noch nicht bücken musste, um durch das Schlüsselloch Dinge zu beobachten, die ich mittlerweile vergessen habe, damals also, da hatte ich noch einen großen Eimer. Dieser Eimer war sicher etwas rostig und vielleicht hatte er auch Löcher, deren fransiger Rand sich mit den Rändern der anderen Löcher bald einmal treffen wollte, aber sie sind mir nie aufgefallen und damit war der Eimer insgesamt doch sehr schön. Der grünliche Griff, der sich nur ungern und äußerst schwerfällig bewegt hat, lächelte mich immer sehr freundlich an und ich dankte ihm sein Dasein, indem ich mich tag und vormittag nur ihm widmete. Ich wusste ja, dass die Putzmittel ihn nur wegätzen würden, den angerosteten Freund, also schüttete ich regelmäßig mein Herz hinein und das hielt ihn zusammen, weil das Herz damals auch noch sehr stabil war. Wahrscheinlich war der Eimer gar nicht groß, aber das tat nichts zur Sache, denn in meinem Herz tummelten sich auch noch wesentlich weniger verworrenes Wirrwarr und Knäuelhaufenfäden als jetzt. Ich habe es damals nur still beobachtet, als man mir den Eimer wegnahm und einen Fingerhut aufstellte. Es war auch einer aus kariertem Stoff. Ich hatte nie protestiert und dann gelitten. Jetzt erst aber offen und zugegeben gelitten. Und das war mein Protest, das war meine Rache und mein Zurückschlagen im Stillen, weil ich die Unverschämtheit besessen habe an dem widerlichen Fingerhut zu leiden, jetzt, da keiner mehr daran dachte, schon gar nicht die, die den Eimer jetzt haben. Niemand und ich habe protestiert jetzt und das ist unverschämt und meine Rache. Danke.

Guten Abend.

Rosina.

Guten Tag.

Damals als ich ein wenig im Kindergarten arbeitete hieß sie Rosina. Das tut sie ja nun immer noch. Der Name ist wohl auch das einzige, was wir behalten, wenn sich all unsre Zellen schon erneuert, unsere Gedanken verändert, unsere Gefühle gewürfelt, unser Gewissen umgekippt und unser Geschmack vertauscht haben, dann haben wir immer noch den Namen. Rosina geht mittlerweile schon zur Schule und trägt jeden Donnerstag zur Mittagszeit, wie wir sie hierzulande definieren, einen großen Stapel Wissen mit nach Hause. Sie sieht mich derzeiten mit sehr großen Augen an und erinnert sich, obwohl es doch viele Tage und gar zwei Jahre her ist. Rosina ist sicherlich ein intelligentes Mädchen und das Mädchen, das ich damals trösten wollte, als sie weinte, da sie ihre Haarspange verloren hatte. Es war ja die Erzieherin, auf welche ich so eine Wut hatte, als sie dazwischen kam und zu Rosina sagte, sie solle sich nicht so anstellen, es sei nur eine billige Spange gewesen, die man an jeder Ecke kaufen könne. Es war diese Wut, die langsam an meinem Halsinneren nach oben kroch, als die Erzieherin mir erklären wollte, wie sensibel und unreif das Mädchen doch sei, noch so schrecklich unfähig. Wenn es mich nicht traurig stimmen würde, wenn Menschen solche Dinge sagen, hätte ich sie angeschrien. Natürlich habe ich mein kleines Ich, das heißt den Menschen, der damals eben meinen Namen trug, in Rosina gesehen und die Wut, das war die Wut, auf all die Menschen, die ständig posaunen, man müsse posaunen, mit Trommelwirbel durch die Welt brüllen, Fahnen schwenken, wenn man Berge erklommen habe, da man sonst untergehe. Ich schwimme aber und nie habe ich auf die Trommel geschlagen. Rosina wir auch nie auf die Trommel schlagen und das ist auch gut so.

Guten Abend.

Maulswurfshügel und Ameisen.

Guten Abend.

Es passiert sicherlich nicht selten, dennoch mag diese Erkenntnis, die jedesmal ein Füßchenpaar mehr drangenäht bekommt, nicht die Tür in mein Großhirn öffnen. Sicher gäbe es dort noch ein kuschliges Plätzchen, wo es für immer bleiben können würden sollten dürfte. Aber es wird ja nicht mögen möchten. Und so wache ich immer noch beizeiten auf, schrecke hoch und ziehe mir die Handschuhe an. Im Garten panisch Löcher aushebend und Maulwürfshügel häufend erreicht mich dann irgendwann die Nachricht, dass die Löcher keiner will. Und dann kann ich mich ja doch nie erleichtert in ein Loch setzen und lächelnd sinnieren, da die zweite Nachricht doch immer heißt, ich solle endlich mit dem Hochhäuserbauen anfangen.

Und hätte die Ameise keine Artgenossen mehr, wäre sie alleine unter uns Menschen und würde sie leben auf unserem Menschenpflaster, dann wäre diese Ameise nur noch eine Ameise. Sie ist vielleicht ein Architekt, aber die Gänge kann ja kein Mensch bewohnen. Aber arm dran ist die Ameise nur, weil alle sie für einen Parasiten halten. Nichts zu können ist ja nicht schlimm, das tun ja so viele, aber nichts zu bedeuten, das macht einen zur Ameise.

Guten Abend.

Sofas, Bäume und Mammuts

Guten Tag.

Ich sitze tagein tagmittendurch und nie tagaus so auf einem äußerst bequemen Sofa. Doch früher da konnte ich es mir hier sehr gut bequem machen, weil ich wusste, wie man die Füße in das Polster pult und die Arme auf den Lehnen platziert. Ich ließ meine Seele bis an den Boden baumeln und konnte dabei ganze Mammutbäume in die Ritzen pflanzen, weil auch Sonne und Wasser immer umsonst waren. Jetzt ist aber das Blümchenmuster bis zur Unkenntlichkeit abgenützt und die Nähte bilden ein anderes Bild, das die Landkarte eines Fabrikatfehlermeers durch einen illegalen Billighersteller in meinen Kopf fotografiert. Ich weiß nicht, wo noch Platz ist zwischen den Federn, die mich beharrlich mit ihrer harten intoleranten Art abschieben wollen.

Selbersprecher: "Sagen Sie, warum machen Sie das?"
Federsprecher: "Sie pflanzen ja keine Bäume mehr!"
Selbersprecher: "Aber die mochten Sie doch nie."
Federsprecher: "Selbstverständlich, deshalb begrüßen wir es auch, dass die Wurzeln nicht mehr drücken und wir raus können hier."
Selbersprecher: "Wollen Sie jetzt Selbstverwirklichung?"
Federsprecher: "Das sind die Triebe. Und warum planzen Sie nicht mehr?"
Selbersprecher: "Ich müsste die Mammutbäume an so viel andren Stellen pflanzen..."

Aber ich habe mir eben damals den Fuß eingeklemmt. Es ist ja auch schmerzhaft ihn wieder herauszuziehen. Sie müssen das verstehen.

Guten Abend.

Kekse, Bordstein, Blümchentapeten.

Guten Tag. Wer sich in dieser Stille zu sehr gelangweilt haben sollte, melde sich, er kriegt Kekse.

Ich stand wohl am Bordstein und die Autos schienen in andere Richtungen zu blicken. Der Zeiger auf meiner Uhr stolperte ziemlich zäh auf die drei zu - der Zug mag schon immer bei der vier den Bahnhof wieder verlassen. Das rote Männchen stand auch sehr schön auf dem grauen Pfosten vor mir und trug einen Hut. Meine Zehen senkten sich dann eben zuerst vom Bordstein auf den Asphalt und die Versen taten natürlich ihr Übriges. Dem Fahrrad mir gegenüber lächelte ich bestimmt sehr freundlich entgegen, es kam deshalb auch zu mir heruntergehüpft und wurde mir entgegengeschoben. Und dann hat es unvermittelt gestoppt mitten auf der Straße, der Blick der Frau schien mir doch außerordentlich perplex zu sein. Ganz verwirrt und entsetzt murmelt schließlich sie in meine Richtung: "Es ist ja rot. rot. Weil Sie gegangen sind, bin ich jetzt auch...". Sie war schon sauer. Herr Konformität ist einfach unbeliebt und kommt dann doch zu jedem, wie der Staubsaugerverkäufer.

Im Übrigen trifft man seltsame Leute immer auf einmal und wenn man dann fast schon ein verändertes Weltbild im Kopf zusammenkleckst, dann kommt wieder eine komplette Arche Noah von derart gewöhnlichen Wesen, die ganz normale Instrumente spielen, dass man unwillkürlich im Kopf wieder weiselt und die alten Blümchentapeten freilegt.

Gute Nacht, und denken Sie an die Kekse!

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